Category: Gedanken
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Deutsche Geschichte würde immer nur negativ betrachtet und die Erinnerungskultur sei einseitig. Muss man daran etwas ändern? 

Ja in gewisser Weise habe ich es auch satt ständig auf eine Zeit zwischen 1933 und 1945 reduziert zu werden. Aber ist das wirklich so? Wird man ständig als Deutscher auf die Nazizeit reduziert? Mir geht es jedenfalls nicht so, auch nicht im Ausland. Vielleicht hängt es aber auch stark vom Klientel ab, mit dem man verkehrt und abschließend kann ich das nicht beurteilen.

In der Schule, zumindest auf einer mit höherem Bildungsabschluss, füllt die NS-Zeit wahrlich einen Großteil des Geschichtsunterrichts. Wird dadurch versucht die heranwachsenden Deutschen seit Jahren auf die Dauerschiene der Täter zu schieben? Es gibt Menschen in Deutschland, die sich davon entfernen, wie sie sagen den “Schuldkult”  beenden und zudem eine “erinnerungspolitische Wende um 180 Grad” vollziehen wollen. Deutsche Geschichte müsse endlich wieder positiv besetzt werden. Sie müsse auch in den Schulen wieder so erzählt werden, wie sie war und nicht auf eine Zeitspanne reduziert werden. Diesen Menschen kann man nur entgegnen, dass kaum einer leugnet, dass deutsche Geschichte keine Lichtblicke gehabt hätte.

Aber ja, ich will kein Täter sein, weil ich kein Täter bin. Wir, die jetzige Generation, haben kein Blut an den Händen, denn die Täter waren unsere Vorfahren und eine “Sippenhaft” gibt es nicht. Sind wir dennoch schuldlos? 

Nennen wir es eine unverschuldete Schuld, die auf den Nachfolgegenerationen des zweiten Weltkrieges lastet. Wobei lastet ist in diesem Fall nicht das treffende Wort. Sagen wir eher, sie wohnt uns inne. Es ist eine Schuld die unsere Vorfahren uns aufgeladen haben, die keine Schuld sein sollte, die als Joch verstanden werden darf. Vielmehr eine Schuld als Pflicht, denn uns obliegt die Pflicht des Gedenkens und des nicht Vergessens. Allen nachfolgenden Generationen muss in Erinnerung bleiben, zu was Menschen fähig sind. Der Nationalsozialismus und insbesondere der Holocaust war die Manifestation menschlicher Perversion, der man immer bewusst sein sollte. 

Die Geschichte hat oft genug gezeigt, dass sich Geschichte wiederholen kann und deshalb muss Sorge dafür getragen werden, dass etwas wie unsere NS-Vergangenheit nicht wieder geschieht. Es ist eine Bürde die wir alle tragen sollten. Alle auf der Welt, aber die Deutschen im Besonderen. Nicht verdrängen, nicht vergessen. Menschlichkeit ist wichtiger denn je, denn wie uns immer wieder vor Augen geführt wird, kann diese schnell in Vergessenheit geraten und Verbrechen an Menschen und der Menschlichkeit passieren allzu schnell wieder. Gerade das deutsche Volk sollte sich seiner Taten, dem millionenfachen Mord, bewusst sein. 

Selbstverständlich darf das nicht bedeuten, erpressbar zu werden, wogegen man sich wehren sollte, aber dieses Argument darf nicht fälschlicherweise verwendet werden und der Grad mag manchmal schmal sein. Wir sollten aber auch in gewisser Weise stolz darauf sein eine solche Erinnerungskultur und Vergangenheitsbewältigung zu pflegen. Natürlich war diese nicht immer perfekt, gerade in der Nachkriegszeit, aber es gehört dazu sich mit seiner eigenen Geschichte zu beschäftigen. Natürlich darf man positive Geschichte hervorheben und darauf darf man auch stolz sein, aber diese darf nicht verklärt werden oder die negativen Aspekte der Geschichte überstrahlen. Die Geschichte einer Nation besteht, wie das normale Leben, aus Höhen und Tiefen. Wenn man tief genug forscht haben viele heutige Staaten ein dunkles Kapitel in ihrer Geschichte, angefangen von Sklaverei bis Völkermord. Aber gerade die Perversion der industriellen Vernichtungskampagne der Deutschen vor allem gegenüber jüdischer Bürger, aber auch gegenüber Kranker und politisch Andersdenkender macht eine Erinnerungskultur unumgänglich und notwendig. 

Roman Herzog sagte einmal: “Die Erinnerung darf nicht enden; sie muss auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen.”

Dieser Satz macht den Kern der gesamten Erinnerungskultur deutlich. Die Erinnerung muss bestehen bleiben, damit Nachfolgegenerationen nicht denselben Fehler begehen. Prinzipiell gilt das natürlich nicht nur, aber im Besonderen, für das deutsche Volk. Alle Völker der Welt sind dazu aufgerufen das zu schützen was eigentlich selbstverständlich ist: die Würde des Menschen. Es ist der zentrale Punkt der deutschen Verfassung den es gilt zu wahren, wozu eine Erinnerungskultur beitragen muss. Und dabei ist es nicht unbedingt selbstverständlich, dass die Folgegenerationen der Täter dies übernehmen. Der Umgang der Deutschen mit ihrem wohl schrecklichsten Abschnitt ihrer eigenen Geschichte sorgt gerade auch im Ausland für anerkennenden Respekt. 

Ein Besuch des Holocaust Mahnmal in Berlin verdeutlicht auf einzigartige Weise wie Faschismus wirken und schleichend entstehen kann. Befindet man sich noch am Anfang sind die Stehlen noch klein und scheinbar unbedeutend. Übertragen auf die Entwicklung von Faschismus könnte man leicht sagen, so schlimm ist es ja noch nicht. Schleichend findet er zarte Wurzeln in der Gesellschaft. Unbesorgt schreitet man voran in das Innere des Mahnmals und die Stelen werden größer und größer, bis sie einen überragen. Es beginnt nun einen zu erdrücken und nicht selten verliert man die Personen mit der man hineingegangen ist aus den Augen und plötzlich ist man allein. Von außen betrachtet erscheint der Faschismus wie eine Monstrosität und plötzlich ist man inmitten dieser. Faschismus wird dann stark, wenn man zu sorglos mit ihm umgeht.

Gerade in der heutigen Zeit ist es wichtig sich immer neu ins Gedächtnis zu rufen: Die Würde des Menschen ist unantastbar!