Über ein Monat ist es nun her seit Putin die Invasion in die Ukraine begonnen hat. Was wohl als schneller Sieg gedacht war, wird nun über Putins Schicksal entscheiden und für westliche Staaten ein Wesenstest werden.

Putin hatte am 24. Februar das wahr gemacht, was er in einer Rede wenige Tage vor dem Überfall offen angedeutet hatte. Schon 2021 standen massive Truppen an der Grenze der Ukraine und die USA verfügte wohl bereits im Dezember 2021 über Geheimdienstberichte über eine bevorstehende Invasion. Die Anerkennung der Volksrepubliken Donezk und Lugansk durch Russland waren am Ende nur eine weitere Farce im geplanten Theaterstück Putins. Dennoch überraschte die überraschten Gesichter einiger westlichen Politiker.

Mit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine ist etwas geschehen, was man für unmöglich gehalten hatte - Krieg in Europa. Der Westen hatte lange gehofft, dass der Aufmarsch der Truppen an der Grenze der Ukraine nur russische Muskelspiele seien. Aber als in den Morgenstunden im Februar die ersten russischen Truppen die Grenze zur Ukraine überschritten und die Bomben explodierten, war die Welt eine andere.

Der anschließende Mut und die Ausdauer der Ukrainer ist zu bewundern. Fast zwei Monate dauert nun der Krieg schon und es ist noch kein Ende in Sicht. Zum Glück für die Ukraine, zum Pech für Putin. Die Strategie der russischen Truppen eines Blitzkrieges ging nicht auf. Und es ist die Zeit in der ein ehemaliger (komödiantischer) Schauspieler zum Führer der freien Welt wird, während ein “lupenreiner Demokrat” zum Bunkerchef wird. Ein so "lupenreiner Demokrat" der die Ukraine "Entnazifizieren" möchte und schickt dazu bekennende Nazis (Wagner-Gruppe), um einen jüdischen Präsidenten zu liquidieren.


Dabei war es wenig überraschend was Putin vor hatte, wenn man wenigstens auf die Staaten gehört hätte, die betroffen sind und unmittelbar angrenzen. So hatte zum Beispiel der ehemalige polnische Staatspräsident Kaczynski vor mehr als zehn Jahren im Zuge des Krieges Russland gegen Georgien erst die Ukraine und dann Polen als ein zukünftiges Ziel Russlands gesehen. Zumindest für die Ukraine sollte er recht behalten.

Auch die Ukraine wusste spätestens seit 2014 nach der Annektion der Krim, dass Russland kein freundlicher Nachbar sein wird. Die Ukraine wollte unter den schützenden Schirm der NATO, nachdem sich die Ukraine spätestens mit der Wahl von Wolodymyr Selenskyj deutlich Richtung Westen orientiert hatte. Putin fürchtete die freiheitliche Demokratie der Ukraine.
Aber Putin und seine Truppen waren nicht die Befreier, die sie vielleicht gehofft hatten zu sein. Man muss davon ausgehen, dass Putin dachte er zeigt etwas Stärke und die Führung in Kyiv würde schon fliehen. Was eventuell passiert wäre, wenn es sich tatsächlich um eine Marionettenregierung gehandelt hätte, wie Putin behauptet hat. Aber ist sie nicht. Es ist eine Führung die bleibt. Die ausharrt. Die kämpft. Angebote zur Flucht wird von Selenskyj abgelehnt - er brauche Munition keine Mitfahrgelegenheit. Es ist eine Regierung, die für die Freiheit einsteht. Nichts wird Putin mehr fürchten, als dass der Funke der Freiheit in sein Land überspringt.


Allerdings gibt es momentan wenig Hoffnung, dass dies allzu schnell passieren wird. Die Staatspropaganda scheint gut zu funktionieren, kremlkritische Medien sind nur schwer erreichbar und die Opposition ist so gut wie nicht vorhanden. Putin wird einen nicht unerheblichen Teil des russischen Volkes hinter sich haben.


Das macht ihn aber auch angreifbar. Putin ist in gewisserweise zum Siegen verdammt. Gibt er seinen Angriffskrieg (in der Putinpropaganda Spezialoperation) auf, so muss er sich Schwäche eingestehen. Viel mehr noch muss er eine Niederlage gegen Nazis eingestehen. Die Begründung der Invasion fußt zu einem nicht unerheblichen Teil auf dem Märchen einer Entnazifizierung der Ukraine. Dies soll natürlich an den glorreichen Kampf der Sowjetunion im großen vaterländischen Krieg gegen Nazideutschland erinnern. Was gibt es heroischeres? Allerdings sind Neonazis in der Ukraine überschaubar. Wahrscheinlich sitzen mehr im deutschen Parlament, als im ukrainischen. Und dann wäre noch der Einsatz der Wagner-Gruppe für Russland. Selbst Anhänger der Naziideologie sollten sie den jüdischen Präsidenten der Ukraine liquidieren. Absurder geht es nicht mehr. Putin muss innenpolitisch seine Macht sichern, in dem er den Krieg gewinnt. Sonst wird er sich nicht lange an der Macht halten können.


Die Gräueltaten in Butcha lassen erahnen, dass es natürlich nicht um eine Entnazifizierung geht. Auch Berichte über mobile Krematorien lassen Spekulationen über Gräueltaten vermuten. Putin wird bzw. würde im Stile sowjetischer Anführer vorgehen - mit Säuberungsaktionen. Es gibt zudem genug Berichte, dass bei den Angriffen Überlebende des Holocausts ums Leben gekommen sind. So hat zum Beispiel Boris Romantschenko vier Konzentrationslager überlebt, aber nicht die Angriffe der russischen Armee. Schöne Entnazifizierung.


Der Krieg wird natürlich weltweite Folgen haben. Er wird vor allem auch Aufarbeitung benötigen. Für Deutschland steht da vor allem die Abhängigkeit von russischem Gas ganz weit oben. Oft wurde davor gewarnt, aber nahezu genauso oft ignoriert. Der deutlich zügigere Ausbau von zum Beispiel erneuerbaren Energien hätte die Diskussionen um ein Gasembargo wahrscheinlich deutlich verkürzt. Auch die SPD muss sich einiges vorwerfen lassen und muss hier viel aufarbeiten. Man kann nur hoffen, dass es nicht so lange dauert wie mit den Hartz Reformen. Von den Linken muss man hier gar nicht reden, die fahren einen politischen Irrkurs.


Es sollte klar sein, dass ein “Wandel durch Handel” eine ziemliche Illusion ist. Die Hoffnung, dass Geschäftsbeziehungen etwas bewegen greift nicht. Vor allem dann nicht, wenn man sich zu abhängig macht. Wahrscheinlich wird diese Hoffnung nie wirklich aufgehen.


Wohin dieser Krieg am Ende im Detail hinführen wird, kann momentan keiner genau sagen. Zudem nehmen die Diskussionen in Deutschland über Waffenlieferungen nehmen teils absurde Züge an. Ein Land überfällt ein anderes, richtet dort Kriegsverbrechen an und die Lösung sollen Verhandlungen sein. Man muss sich dann aber auch die Frage stellen, wie sollen diese Verhandlungen aussehen? Was ist der Einsatz? Ukraines Unabhängigkeit? Abtretung von Gebieten? Dann ist klar, wohin das laufen wird. Es wird nicht der letzte Krieg Putins sein. Darauf deuten Aussagen hin.
Deutschland muss sich klar sein, dass ein “Nie wieder!” eben auch ein “Nie wieder!” bedeutet.


Steht am Ende der dritte Weltkrieg eventuell mit Atomwaffen? Möglich, aber auch Putin weiß, dass wer die erste Atombombe wirft, stirbt als zweites. Waffenlieferungen macht die NATO nicht zum Kriegsteilnehmer und Angriffskriege sollten nach wie vor nicht unter dem Deckmantel der atomaren Abschreckung gewonnen werden.
Nicht der der Waffen liefert gefährdet die Friedensordnung, sondern der der Angriffskriege gewinnt.