Viel wurde über Stickoxide gesprochen. Das Thema wurde wie so oft aufgebauscht und jetzt kräht wieder kein Hahn danach. Kurz und heftig war die Debatte. Fürspruch gab es aber auch viel Gegenwind, gerade nachdem das UBA eine Pressemitteilungen gegeben hat. Ein kurzer Versuch einzuordnen.

6000 Tote im Schnitt soll laut einer Studie des Umweltbundesamt (UBA) durch Stickoxide verursacht werden. Das sind ungefähr 16 pro Tag. Nach der Dieselaffäre, in der es genau um zu hohe Stickoxidwerte bei Fahrzeugen ging, wurde die Studie des UBA veröffentlicht. Der Zeitpunkt war vielleicht nicht unabsichtlich so gewählt, aber zeigt gleichzeitig wie sehr um den Diesel gefochten wird. Der Diesel scheint fast der heilige Gral der deutschen Automobilindustrie zu sein. Kritik daran - besser nicht. Der Diesel sollte die Antwort auf den anthropogen verursachten Klimawandel sein, zumindest eine CO2-arme Brückentechnologie, denn im Vergleich zu normalen Benzinern erzeugt der Diesel weniger CO2 bei gleicher Leistung. Natürlich gibt es auch Nebenwirkungen, die Stickoxide. Diese sind höher als bei den Benzinern. Kurz gesagt: Gut fürs Klima, schlecht für die Gesundheit.

Mit Grenzwerten bei den Emissionen der Dieselfahrzeuge sollte dem Einhalt geboten werden. Allerdings veranlasste dies die Fahrzeugbauer wiederum zu legalen und illegalen Tricksereien, denn im Normalbetrieb waren die Werte kaum einzuhalten. Der schöne Schein des Diesels bröckelte. Und jetzt noch die Studie des UBA. 6000 Tote im Jahr durch erhöhte Stickoxidwerte! Doppelt so viel wie 2017 durch Verkehrsunfälle getötete Menschen (Quelle Verkehrstote). Ein herber Schlag für den Diesel, der doch in Deutschland fast als heiliger Gral gegen den anthropogen verursachten Klimawandel gilt. Jetzt ist er aber schlecht für die Gesundheit der Menschen.

Kritiker werfen allerdings vor, dass die Grenzwerte für Stickoxide an manchen Arbeitsplätzen deutlich höher seien als die, die für die Messstationen gelten. Weiter werden die Standorte der Stationen selbst kritisiert. Zu nah an Kreuzungen, zu nah an Häusern usw..

Es ist richtig, dass an manchem Arbeitsplatz höhere Belastungen durch Stickoxide erlaubt sind, aber allein den Grenzwert dort mit dem Grenzwert der Luftreinhaltung zu vergleichen ist etwas zu kurz gedacht. Schließlich ist der Grenzwert am Arbeitsplatz eine (hoffentlich) kurzzeitige Maximalbelastung. Weiter betrifft es dort meist junge, gesunde Menschen. Anders ist es auf der Straße. Dort wird natürlich ein größeres Spektrum an Menschen abgedeckt und das schließt zum Beispiel kranke Leute mit ein. Zudem ist der Grenzwert dort keine kurzzeitig Spitzenbelastung, sondern ein lang anhaltendes Mittel.

6000 Tote in der Studie heißt nicht, dass dadurch 6000 junge, gesunde Menschen auf einen Schlag tot umfallen. Die zusätzliche Belastung durch Stickoxide führt allenfalls zu einem frühzeitigen Tod eines Menschen, nicht ein sofortiges Ableben. Natürlich ist es auch nicht ausgeschlossen, dass weitere Faktoren ihren Beitrag haben. Das aufzuschlüsseln ist schwierig. Aber daraus zu schlussfolgern es gäbe gar kein Einfluss wäre genauso fahrlässig.

Die Kritik, die Stationen wären falsch aufgestellt ist auch ein zweischneidiges Schwert. Denn einerseits stammt die EU Verordnung aus dem Jahr 2008 (zur Verordnung), die Stationen, die im Artikel des Merkur (zum Artikel) genannt werden, wurden bereits früher errichtet. Eine im Jahr 2004, die anderen beiden im bereits 1978. Es ist sinnvoll bestehende Strukturen weiter zu nutzen. Ein weiterer Kritikpunkt ist der Abstand zu einer größeren Kreuzung. 25 Meter solle dieser laut Verordnung sein, der an den benannten Stationen nicht eingehalten werden. Sie seien zu dicht. Ein berechtigter Kritikpunkt. Allerdings dürfe die Station laut Verordnung maximal 10 Meter von der Fahrbahn entfernt stehen. Beides muss somit eingehalten werden. Geeignete Stellen werden schwer zu finden sein in einer dicht besiedelten Stadt. Weiter müsse 270° um die Station eine freie Anströmrichtung möglich sein, damit keine Schadstoffe sich ansammeln können. Wieder fraglich bei dicht besiedelten Stadtgebiet. Zudem steht in der Verordnung “soweit möglich”. Also ist es keine Bedingung die zwingend erfüllt sein muss.

Es sind durchaus berechtigte Kritikpunkte, aber es ist auch nicht so, dass sich dort keine Menschen für längere Zeit aufhalten. Zudem leben dort auch Menschen die durchaus von den erhöhten Konzentration (u.a. durch Ansammlung) betroffen sind. Es ist ja nicht so, dass dort nur Autos seelenlos durchfahren. Das muss man letztendlich abwägen wer einem wichtiger ist: Die Autofahrer in ihren Autos, oder die Bewohner und Fußgänger der Straßen.

Ausgelöst durch die Stickoxide brannte wiederum eine weitere Diskussion auf - die über Feinstaub. Feinstaub ist quasi ein Klassiker, aber auch ein berechtigter Klassiker. Dieser betrifft prinzipiell jeden von uns und je höher die Belastung durch Feinstaub ist, desto höher auch das Risiko vorzeitig zu sterben. Das UBA beziffert in einer ähnlichen Studie 44.900 vorzeitige Todesfälle - pro Jahr (zur Studie). Jetzt erscheinen natürlich die 6000 vorzeitigen Tote durch Stickoxide fast schon marginal im Vergleich zu den Todesfällen durch Feinstaub. Allerdings tut der ganzen Debatte ein Whataboutism nicht gut. 44.900 vorzeitige Tote sind zu viel, aber eben auch schon 6000 Tote sind zu viel, wenn es sich vermeiden ließe. Wenn dann muss man sowohl gegen das eine, wie auch das andere etwas tun. Ein Gegeneinander Ausspielen bringt niemandem etwas, schon gar nicht den frühzeitigen Toten.